Deutsche Reiterliche Vereinigung

Springunterricht für Anfänger gestalten

Aufbau der Springausbildung für Einsteiger

Der verantwortungsvolle Ausbilder strebt im Sinne der klassischen Reitlehre stets eine vielseitige Grundausbildung seiner Schüler an. Dabei gehört das Reiten im leichten Sitz und über Hindernisse von Anfang an parallel zur dressurmäßigen Ausbildung unbedingt dazu. Ein Reiter, der mit verkürztem Bügel in allen drei Grundgangarten auf ebenem Hufschlag und über Hindernisse reiten kann, sitzt nicht nur ausbalancierter, losgelassener und beweglicher, sondern vor allen Dingen auch sicherer im Sattel. Kurz gesagt: Wer springen kann, ist sattelfester!

Springreiten für Einsteiger - Foto: Lafrentz

Schon allein aus diesem Grund verdient die Ausbildung im leichten Sitz einen hohen Stellenwert in der Grundausbildung. Idealerweise nicht erst nach vielen Jahren Dressurunterricht in der Abteilung, sondern von Anfang an systematisch und kleinschrittig in die Ausbildung integriert. Denn auch hier gilt: So früh wie möglich und so oft wie möglich! Doch es gibt noch mehr gute Gründe als die Verbesserung von Gleichgewicht, Losgelassenheit und Beweglichkeit: Springen lernen bringt Abwechslung, Motivation und vor allen Dingen viel Spaß!

Von besonders großer Bedeutung für einen gelungenen Start ins Springen ist das passende Lehrpferd. Es ist gut ausgebildet, gehorsam und ausgeglichen. Rationelle Bewegungen erleichtern dem Reiter das geschmeidige Mitgehen. Gerade zu Beginn ist ein Pferd, das die Hindernisse mit minimalem Aufwand überwindet vorzuziehen. Grundsätzlich braucht der Reiter die Sicherheit, dass das Pferd immer springt – auch wenn es mal nicht optimal unterstützt wird. Ausgerüstet ist das Pferd mit einem Spring- oder Vielseitigkeitssattel, der das Reiten mit verkürztem Bügel zulässt. Es hat sich in der Praxis bewährt, einen zusätzlichen Riemen um den Hals des Pferdes zu legen, in den der Reiter greifen kann, um seine Balance zu finden.

Neben dem passenden Pferd sind für das Springen lernen geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen: eine geschlossene Reitbahn mit guten Boden- und Lichtverhältnissen, sicheres Hindernismaterial in unterschiedlichen Farben zur besseren Orientierung und zusätzliche Materialien wie Kegel für anschauliche Aufgabenstellungen. Und natürlich ist wie immer auf eine positive Lernatmosphäre zu achten. Kleine Gruppen mit möglichst homogenem Leistungsstand, Ruhe und ausreichend Zeit für Wiederholungen sind ebenso wichtig wie Vertrauen, Respekt und Wertschätzung im Umgang mit den Schülern.

Schon in den ersten Reitstunden kann am Führzügel die Freude am Überwinden von Hindernissen geweckt werden. Auf einem sicher ausgebildeten Pferd mit einem Voltigiergurt kann jeder Reitanfänger erfahren, wie sich die Bewegungen des Pferdes beim Schreiten über ein niedriges Cavaletti oder einen dünnen Baumstamm anfühlen. Er lernt, sich der neuen Bewegung anzupassen und findet sein Gleichgewicht. Wechselt der Anfänger dann in den Sattel, lernt er auch hier zunächst einmal, sein Gleichgewicht in den Steigbügeln zu finden und sich geschmeidig an die unterschiedlichen Situationen anzupassen. Erste kleine Sprünge werden am Führzügel im Schritt und Trab oder auch an der Longe absolviert. Durch die Nähe zum Ausbilder wird Sicherheit und Vertrauen aufgebaut und Ängsten durch Bewegungsunsicherheit oder Kontrollverlust vorgebeugt. Später kann der Reiter auch frei über Bodenricks traben oder ganze Parcours aus Cavaletti meistern. Wichtig ist auch hier der methodische Vorgehensweise: vom Leichten zum Schweren, vom Einfachen zum Komplexen und vom Langsamen zum Schnellen. Werden in der Grundausbildung Schritte übersprungen oder zu schnell vorgegangen, drohen Unsicherheit und Angst durch Überforderung.

Um Sicherheit und Vertrauen aufzubauen, ist der ausbalancierte und losgelassene leichte Sitz Grundvoraussetzung. Denn beim Springen und beim Reiten im Gelände ist die Bewegungsvielfalt des Pferdes um einiges größer als beim Reiten auf ebenem Hufschlag. Der leichte Sitz ermöglicht es dem Reiter, sich diesem Bewegungsspektrum anzupassen. Dazu lernt der Reiter zunächst, sich mit kurzem Bügel in einem geeigneten Sattel geschmeidig an die verschiedenen Bewegungen des Pferdes anzupassen. Dies kann am Führzügel und an der Longe, in der Reitbahn und im Gelände erarbeitet werden. In allen drei Gangarten lernt der Reiter die unterschiedlichen Ausprägungen des leichten Sitzes kennen und fließend einzunehmen.

Besonders das Reiten über kleine Hügel und Bodenwellen ist hier zu empfehlen: der Bewegungsablauf des Pferdes beim Überqueren eines Hügels ist dem des Sprungablaufs nämlich sehr ähnlich. Beim freien Reiten kann der Reiter aus dem leichten Sitz heraus dann angemessen auf sein Pferd einwirken und so Gangart, Weg und Tempo bestimmen.

Bei der Entwicklung des leichten Sitzes wird von Beginn an auf einen sicheren Bügeltritt und einen gut am Gurt liegenden Unterschenkel geachtet. Dazu ist ein ausreichend kurz verschnallter Steigbügel notwendig. Die Bügellänge kann am besten anhand der Winkel in Hüft-, Knie- und Fußgelenk beurteilt werden, wenn der Schüler im Stand den leichten Sitz einnimmt. Bei passend kurzem Bügel bilden Knie, Unterschenkel und Fuß das Fundament des leichten Sitzes. Für Gleichgewicht und Stabilität bleibt die Zehe stets vor dem Knie – ein zurückrutschender Unterschenkel bringt den Reiter vor die Bewegung und erhöht die Sturzgefahr.

Ein sicherer leichter Sitz ist immer nah am Pferd. Während der Oberkörper vermehrt vor die Senkrechte kommt, schiebt das Gesäß als Gegenbewegung nach hinten in Richtung Sattelkranz. Insgesamt hilft dem Schüler die Vorstellung, im leichten Sitz in die Hocke zu gehen anstatt aufzustehen. Wie weit der Schüler in die Hocke geht, hängt von der Bewegung und der Situation ab. Es ist aber durchaus zu empfehlen, den leichten Sitz auch mal in seiner ausgeprägtesten Form – dem Rennsitz – zu schulen. Der Ausbilder kann das Gleichgewicht seines Schülers am besten beurteilen, wenn er sich folgende Frage stellt: „Würde der Reiter in der gezeigten Körperhaltung auch ohne Pferd auf dem Boden stehend/ hockend im Gleichgewicht bleiben?“

Entwicklung des leichten Sitzes - Grafik aus Richtlinien Band 1, FNverlag

Zunächst einmal ist Einwirkung die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd. Sie erfolgt unabhängig von der Sitzform stets einheitlich und für das Pferd verständlich. Daher stehen dem Reiter im leichten Sitz die gleichen Hilfen zur Verfügung wie im Dressursitz. Im leichten Sitz überträgt der Reiter sein Gewicht in die Steigbügel. Durch entsprechende Verlagerung des Körperschwerpunktes nach links/rechts oder nach vorne/hinten kann er genauso fein differenzierte Gewichtshilfen einsetzen wie beim Aussitzen. Es ist also fehlerhaft, wenn ein Reiter sich zum Beispiel zum Parieren oder zum Vorwärtsreiten „hinsetzt“. Um vermehrt vorwärtszureiten verlagert der Reiter als Unterstützung der Schenkelhilfe seinen Schwerpunkt etwas nach vorne (stärkere Ausprägung des leichten Sitzes), zum Parieren etwas mehr nach hinten (geringere Ausprägung des leichten Sitzes). Wendungen werden durch eine seitliche Verlagerung des Schwerpunktes in Verbindung mit der Schenkelhilfe unterstützt.

Zum Schulen der Einwirkung im leichten Sitz sind alle Grundübungen zum dressurmäßigen Reiten gemäß Richtlinien für Reiten und Fahren Band 1 geeignet. Besonders das Reiten von Übergängen und Wendungen sowie das Einhalten von vorgegebenen Linien bereiten den Schüler optimal auf das Springen vor. Sogenanntes „imaginäres Parcoursreiten“ durch Tore statt über Hindernisse zeigen dem Ausbilder, wie gut die Einwirkung und damit das Einhalten von Weg, Tempo, Gangart und Rhythmus schon gelingt.

  • Übungen am Führzügel mit Voltigiergurt, auch im Gelände und über Stangen
  • Übungen an der Longe (erst mit Voltigiergurt, dann mit Sattel)
  • Entwicklung des leichten Sitzes bis zum Rennsitz (in allen Gangarten)
  • Erste Sprünge am Führzügel
  • Erste Sprünge an der Longe
  • Freies Reiten auf unterschiedlichen Wegen, durch Kegeltore und Stangengassen
  • Einbeziehung von Bodenricks (erst einzeln, dann mehrere, erst Schritt und Trab, dann Galopp)
  • Entwicklung von Caprilli-Aufgaben mit Bodenricks
  • erste Sprünge (erst einzelne, dann mehrere, erst aus dem Trab, dann aus dem Galopp)
  • Entwicklung von Springreihen
  • Übungen zum Springreiter-Wettbewerb

In vielen Reitschulen ist es leider immer noch gängige Praxis, dass in der Anfängerausbildung ausschließlich der Dressursitz geschult wird. Erst nach vielen Stunden, oftmals Jahren, erhält der Schüler die Chance an einer Springstunde teilzunehmen. Dort wird dann innerhalb kürzester Zeit von ihm verlangt, was eigentlich systematisch und kleinschrittig aufgebaut werden muss: ausbalanciertes und losgelassenes Reiten im leichten Sitz, angemessenes Einwirken auf das Gehen des Pferdes und geschmeidiges Mitgehen in die Bewegung – und das ganze bitte auch noch bei passendem Anreiten der Sprünge. Dass dieses „Hau-Ruck- Verfahren“ nur selten Erfolg bringt, versteht sich von selbst. Die Folgen: Unsicherheit, Überforderung, Unfälle und dann Angst vor dem Springen.

Das lässt sich vermeiden, indem in der Ausbildung von Anfang an ein vielseitiger, ganzheitlicher Ansatz verfolgt wird. Reitstunden statt Dressur- oder Springstunden wären ein erster Schritt in die richtige Richtung. In diesen Reitstunden ist dann das Verkürzen der Steigbügel ebenso normal wie das Überwinden von Bodenricks und Cavaletti und das Reiten im Gelände. Parallel zum Dressursitz wird auch der leichte Sitz geschult. Alle Übungen werden sowohl mit langem, als auch mit kurzem Bügel geübt. Gerade bei erwachsenen Reitschülern, die weniger intuitiv lernen als Kinder, sind „Trockenübungen“ hilfreich, um eine Bewegungsvorstellung zu entwickeln. Das kann auf einem Holzpferd, auf einem Trampolin oder beim Führen des Pferdes geschehen.

Für einen erfolgreichen Start ins Reiterleben ist keine Vorübung zu leicht! Das Reiten am Führzügel bietet zu Beginn viele Vorteile: die Nähe zum Ausbilder schafft Vertrauen und Sicherheit. Der Ausbilder kann notfalls schnell eingreifen, wenn der Reiter das Gleichgewicht verliert. Es werden alle Übungen zunächst im Schritt, später auch in kurzen Trabreprisen erarbeitet. Diese intensive 1:1 Betreuung hat sich insbesondere bei ängstlichen Reitern bewährt und kann auch später bei neuen Bewegungen hilfreich sein. Bei Gruppenstunden hat es sich bewährt, eine Reihenfolge festzulegen. Der sicherste Reiter beginnt, der nächste folgt immer erst auf Anweisung des Ausbilders. Während ein Reiter springt, bleiben die anderen stehen (zum Beispiel auf dem ersten Hufschlag) und schauen zu.

Springreiten für Einsteiger: Bodenricks und Cavaletti

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Der Springsitz: Grundlagen der Springausbildung

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Weitere Videos zum Einstieg in das Springreiten und zur Stangen- und Cavalettiarbeit finden sie auf dem youtube-Kanal des Trainerportals.
 

Ihr Ansprechpartner

Kathrin Krage

Tel: 02581/6362-120
Fax: 02581/6362-208

kkrage@fn-dokr.de

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Stand: 11.11.2021